Deutschland befindet sich mitten in der Energiewende: Atomkraftwerke sind abgeschaltet, Kohlekraftwerke werden zurückgefahren, und stattdessen wachsen überall Windräder und Solarpanels. Doch was auf den ersten Blick wie ein umweltfreundlicher Fortschritt aussieht, bringt diverse neue Herausforderungen mit sich – insbesondere für die Stabilität unseres Stromnetzes.
In diesem Beitrag erkläre ich für Laien verständlich, warum das Stromnetz zunehmend unter Druck gerät, was Begriffe wie Blackout und Brownout bedeuten und warum gerade sonnige Feiertage problematisch sein können.

ymbolbild Stromnetz Instabilität durch Energiewende
Wie funktioniert unser Stromnetz eigentlich?
Das europäische Stromnetz basiert auf einem Grundprinzip: Stromerzeugung und -verbrauch müssen zu jedem Zeitpunkt im Gleichgewicht sein. Anders als bei Wasser oder Gas lässt sich Strom nur begrenzt speichern. Wird mehr Strom erzeugt als verbraucht – oder umgekehrt – gerät das Netz aus dem Takt.
Netzfrequenz: Das Maß der Stabilität
Die Netzfrequenz ist ein zentraler Indikator für die Stabilität des Stromnetzes. In Europa liegt sie bei 50 Hertz (Hz). Schwankt sie zu stark (z. B. unter 49,8 Hz oder über 50,2 Hz), drohen Schäden an Geräten oder im schlimmsten Fall der Zusammenbruch ganzer Netzbereiche.
Grundlast und Spitzenlast
-
Grundlast ist der Stromverbrauch, der rund um die Uhr anfällt – etwa für Straßenbeleuchtung, Server oder Kühlanlagen.
-
Spitzenlast tritt auf, wenn besonders viel Strom auf einmal gebraucht wird – z. B. morgens beim Hochfahren der Industrie oder abends, wenn Haushalte aktiv sind.
Konventionelle Kraftwerke (Kohle, Gas, Atom) konnten diese Schwankungen gut abfedern, weil sie steuerbar waren. Bei Wind und Sonne sieht das anders aus.
Erneuerbare Energien – Fluch und Segen für das Netz
Das Wetter bestimmt den Stromfluss
Solar- und Windkraft sind wetterabhängig. Das bedeutet: An einem stürmischen oder sonnigen Tag kann plötzlich sehr viel Strom ins Netz eingespeist werden – oft mehr, als überhaupt gebraucht wird. In windstillen oder bewölkten Phasen dagegen droht eine Unterdeckung.
Redispatch – Wenn der Strom „umgeleitet“ werden muss
Weil Stromleitungen nicht unbegrenzt belastbar sind, müssen Netzbetreiber in solchen Situationen aktiv eingreifen. Das nennt sich Redispatch: Dabei werden Kraftwerke gezielt hoch- oder runtergefahren, um Engpässe zu vermeiden. Die Zahl solcher Eingriffe hat in den letzten Jahren massiv zugenommen – ein deutliches Zeichen für die zunehmende Instabilität unseres Stromnetzes.
Jahr | Redispatch-Volumen (GWh) | Kosten (Mio. €) |
---|---|---|
2014 | 4.249 | 187 |
2015 | 5.200 | 412 |
2016 | 5.700 | 223 |
2017 | 6.800 | 397 |
2018 | 5.400 | 388 |
2019 | 6.200 | 227 |
2020 | 5.800 | 221 |
2021 | 8.000 | 590 |
2022 | 22.000 | 2.690 |
2023 | 24.813 | 3.086 |
Warum Feiertage zum Risiko werden
Feiertage wie Pfingsten, Ostern oder 1. Mai, aber auch verlängerte Wochenenden bergen ein besonderes Risiko: Der Stromverbrauch sinkt deutlich, weil Fabriken und Büros geschlossen sind. Wenn dann gleichzeitig den ganzen Tag die Sonne scheint (und das ist an diesen Feiertagen aufgrund der fortgeschrittenen Jahreszeit durchaus möglich) oder der Wind weht, entsteht ein Stromüberschuss. Das Netz wird überladen, die Spannung steigt – im schlimmsten Fall droht ein Netzversagen.
Noch kritischer wird es, wenn auch unsere Nachbarländer – wie Österreich, Frankreich oder die Niederlande – keinen Strom abnehmen können, weil sie ebenfalls gut versorgt sind. Dann bleibt nur eins: Solaranlagen vom Netz nehmen oder Teile des Stromnetzes gezielt abschalten.
Am 19.03. 2025 hatten wir fast so eine Situation. Es hieß damals: Angespannte Situation im Verbundnetz. Damals wurde der Strom vom Ausland abgenommen (wofür Deutschland aber bezahlt musste).
Das war im März. Inzwischen sind wird ca. sechs Wochen weiter, das Wetter wird besser und die Sonne scheint auch länger…
Die beiden grössten Solarhersteller in Deutschland und auch einige Netzbetreiber haben diesbezüglich schon im letzten Jahr Warnungen heraus gegeben.
Blackout und Brownout – was ist der Unterschied?
Blackout
Ein Blackout ist ein großflächiger Stromausfall, über Regionen oder sogar Länder hinweg. Er entsteht, wenn das Netz völlig aus dem Gleichgewicht gerät und sich automatisch abschaltet, um Schäden zu verhindern. Die Folge: Kein Licht, keine Heizung, keine Telekommunikation…
Die Wiederherstellung kann Stunden bis Tage dauern.
Brownout
Ein Brownout ist eine „abgeschwächte“ Form des Stromausfalls. Es gibt zwei Varianten:
-
Geplanter Brownout: Dabei wird der Strom absichtlich in bestimmten Gebieten abgeschaltet, um das Netz zu entlasten.
-
Ungeplanter Brownout: Hierbei kommt es zu einem lokalen Stromausfall, etwa in einem einzelnen Stadtteil oder Ortsteil. Ursache kann eine Überlastung oder ein technisches Problem im Netz sein.
Auch wenn ein Brownout nicht so dramatisch wirkt wie ein Blackout, kann er empfindliche Geräte schädigen oder Produktionsausfälle verursachen.
Fazit
Die Energiewende stellt unsere Infrastruktur vor gewaltige Herausforderungen. Das Stromnetz, wie wir es bisher kannten, muss sich radikal ändern. Solange Speichertechnologien, Lastmanagement und intelligente Netzsteuerung (Stichwort Smart Grid) nicht flächendeckend funktionieren, bleibt die Versorgungssicherheit eine tägliche Herausforderung – vor allem im Sommer.
Besonders an Wochenenden oder Feiertagen kann es durch Überproduktion aus erneuerbaren Quellen zu gefährlichen Situationen kommen – mit steigender Tendenz.
Eine transparente Diskussion über Risiken, technische Lösungen und realistische Ziele ist deshalb dringend notwendig!